Grundlagen - harmonisierte Normen, Richtlinien und Gesetze in der EU

Wie hängen harmonisierte Normen, Richtlinien und Gesetze zusammen?

Normen-Puzzle

Die Europäische Union wächst immer mehr zusammen. Dies führt auch zu einer zunehmenden Harmonisierung von Gesetzen, Regeln und Bestimmungen im Maschinenbau. Zunächst formuliert die EU mittels Richtlinien allgemeine Schutzziele. Diese Schutzziele bedürfen einer genauen Spezifizierung. Die konkrete Regelung erfolgt über Normen.

Wirksam werden die EU-Richtlinien erst, wenn die Länder innerhalb der EU diese in nationale Gesetze umsetzen. In jedem Land der EU verweist also ein Gesetz oder eine Bestimmung auf die entsprechende EU-Richtlinie und erhebt diese damit zu nationalem Recht.

Anders verhält es sich bei Verordnungen. Eine EU-Verordnung kann nach der Ratifizierung durch die EU-Kommision unmittelbar wirksam werden, ohne dass eine Umsetzung in nationales Recht erforderlich ist.

Norm erfüllt, Anforderung erfüllt – harmonisierte Normen

Normen haben für sich alleine noch keine rechtliche Relevanz. Diese erhalten sie erst durch eine Veröffentlichung im Amtsblatt der EU oder durch nationale Gesetze und Bestimmungen. Die Veröffentlichung dieser sogenannten harmonisierten Normen löst die „Vermutungswirkung“ aus. Der Anwender der Norm darf damit annehmen, dass er sich Gesetzes- bzw. Richtlinienkonform verhält. Es herrscht also die Umkehr der Beweislast im Schadensfall. Wenn eine bereits harmonisierte Norm auf eine nicht harmonisierte verweist, kann diese einen mit der Harmonisierung vergleichbaren Status erhalten.


 

Normen, Richtlinien und Gesetze in der EU

Harmonisierungsarbeit von EU-Normen – Beratungsunternehmen ERNST & YOUNG als HAS Contractor/-Vertragsnehmer bestätigt

Labyrinth mit Aktenordner

Internationale Normungsarbeit ist wichtig, aber ohne die Harmonisierung zu europäische Richtlinien und Verordnungen praktisch unvollständig und nicht zielführend. Im schlimmsten Fall könnten abweichende Produkt- und Sicherheitsanforderungen auf IEC- und ISO-Ebene zu CEN-/CENELEC-Normfassungen entstehen - für Wirtschaftsunternehmen als weltweite Marktteilnehmer eine sehr kritische Situation!

Die Erarbeitung und Veröffentlichung von Normen erfolgt heute fast immer auf internationale IEC- und ISO-Ebene. Im Idealfall soll eine Übernahme ohne Veränderung in das europäische Normenwerk erfolgen. In der EU liegt die Verantwortung für eine Übernahme in die harmonisierte Normung bei der Europäischen Kommission. Diese hat den Abgleich mit den grundlegenden Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen der EU-/EG-Richtlinien bzw. -Verordnungen an die Harmonised Standards Consultants (HAS Consultants) delegiert. Deren Approbation, Koordinierung samt Budgetüberwachung wurde bis Januar 2022 durch das Beratungsunternehmen ERNST & YOUNG (E&Y) als HAS Contractor (=Auftragnehmer) wahrgenommen. Allerdings war bereits im Oktober 2021 das EU-Budget für diese Beratungsaufgabe aufgebraucht und der Harmonisierungsprozess kam in Stocken.

Der neue Vertrag, wiederum mit E&Y als Vertragspartner, läuft nun seit August 2022. In der Zwischenzeit lag die Harmonisierungsarbeit mehr oder weniger auf Eis. Folge ist ein nicht unerheblicher Harmonisierungsstau, der nun Zug um Zug abgearbeitet werden muss, damit eine Veröffentlichung im Europäischen Amtsblatt möglichst zeitnah erfolgen kann.

Folgende wichtige und relevante Änderungen beinhaltet der neue Vertrag:

  1. Die HAS-Consultants dürfen bis zu 25 % ihrer Bewertungsarbeitzeit für Sitzungsteilnahme und Kommunikation innerhalb von Normungsgremien aufwenden. Der Vorteil dabei ist die frühzeitigere Vermeidung von Harmonisierungsdiskrepanzen.
  2. Für die Harmonisierungsbewertung gibt es künftig ein klares, strukturiertes Bewertungsverfahren:
  • KEINE Harmonisierungsabweichungen ISO/IEC bzw. CEN/CENELEC = „COMPLIANT“
  • Kritische Harmonisierungsabweichungen = „LACK of COMPLIANCE“ = Konformitätsvermutung nicht gegeben oder
  • Bedingte Übereinstimmung „CONDITIONAL COMPLIANCE“ = Konformitätsvermutung mit Einschränkungen

Es bleibt zu hoffen, dass der neue Vertrag und das veränderte Ablaufverfahren die Harmonisierungsarbeit effektiver gestaltet und Normen zügiger harmonisiert und final im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Damit wäre die Konformitätsvermutung zu Richtlinien und Verordnungen auch formal und final gegeben.

Verfahren zur Veröffentlichung von harmonisierten Normen im EU-Amtsblatt

Die EU-Kommission hat am 18.3.2019 im Amtsblatt mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2019/436 Änderungen zur Liste der harmonisierten Normen für Maschinen in Bezug auf die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG bekannt gegeben. Darin wurde die Liste der Normen, deren Anwendung Konformitätsvermutung entsprechend der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG auslösen, aktualisiert.

Eine Gesamtliste harmonisierter Normen wurde bis zum Inkrafttreten des oben genannten Beschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die Veröffentlichung war solange gültig, bis das nächste Gesamtverzeichnis erschien. Der letzte Stand dieses Verzeichnisses mit der Übersicht aller unter der Maschinenrichtlinie harmonisierten Normen erschien am 9. März 2018.

Die Veröffentlichungspraxis wurde grundlegend geändert.

Ab dem Durchführungsbeschluss (EU)2019/436 werden nur noch Änderungen gegenüber dem vorhergehenden Dokument beschrieben und es erscheint keine konsolidierte Gesamtliste mehr.

Die Veröffentlichungen haben nun folgende Struktur mit insgesamt 3 Anhängen:

  • Anhang I: Neu bekannt gemachte harmonisierte Normen
     
  • Anhang II: Harmonisierte Normen, die zusätzlich zur bisherigen Veröffentlichung mit bestimmten Einschränkungen bekannt gemacht werden
     
  • Anhang III: Bisher harmonisierte Normen, die aus dem EU-Amtsblatt entfernt werden

Seit dem ersten Beschluss erscheinen im regelmäßigen Abstand weitere Beschlüsse, bei denen Sie das oben beschriebene Vorgehen beachten müssen. Sie finden eine Übersicht dieser Beschlüsse auf der Homepage der EU-Kommission. Sie finden dort eine Zusammenfassung aller im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten harmonisierten Normen. Die Zusammenfassung enthält alle Normen, bei denen zum Zeitpunkt der Erstellung noch eine Konformitätsvermutung bestand, sowie die bereits aus dem Amtsblatt zurückgezogenen Normen.

Allerdings hat diese Zusammenfassung keinerlei Rechtswirksamkeit. Die EU-Kommission stellt diese Zusammenfassung nur zu Informationszwecken zur Verfügung. Obwohl alle möglichen Vorkehrungen getroffen werden, um sicherzustellen, dass die Zusammenfassung regelmäßig aktualisiert wird und korrekt ist, können Fehler auftreten und die Zusammenfassung kann zu einem bestimmten Zeitpunkt unvollständig sein. So kommt der Anwender nicht umhin, in den Durchführungsbeschlüssen nach den für ihn relevanten Normen Ausschau zu halten.

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Neues Verfahren zur Veröffentlichung von harmonisierten Normen im EU-Amtsblatt etabliert

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